mein abschied von der WU
liebe kollegInnen,
wie die meisten von euch schon mitbekommen haben: ich verlasse mit 30.6.
die WU. was mir als relativ konservativer mensch nicht leicht faellt,
insbesondere auch deshalb weil ich ich mit vielen von euch in den letzten
jahren freundschaften geschlossen haben. gerade der galgenhumor mit dem ihr
die unhaltbaren zustaende im ZID (neuerdings: IT-services) ertragen habt war
mir durchaus sympatisch.
jenseits aller sentimentalitaeten will ich diese abschiedsmail jedoch
nutzen um nochmals die motive fuer meinen abschied von der WU darzulegen.
letztlich geht es um die frage ob ich mich am morgen noch in den spiegel
schauen kann. ob ich ein nuetzliches mitglied der gesellschaft sein will
oder ob ich mich an der verschwendung von steuergeldern im ZID mitbeteilige.
sicherlich haette auch die moeglichkeit bestanden widerstand zu leisten.
aber ich denke ich habe mein moeglichstes versucht. wir waren beim
vizerektor und der hat letztlich die verschwendungspolitik gedeckt. zitat:
„der kleine nachteil vieler weit entfernter leute“ (gemeint waren die
steuerzahlerInnen) wird hier gerne in kauf genommen.
gerne wird auf der WU so getan als wuerde man „betriebswirtschaftlich“
handeln. ich bin ja durchaus als jemand bekannt der marktwirtschaftliche
dogmen gerne in frage stellt. aber fuer die WU waere es tatsaechlich nicht
schlecht wenn ab und zu die wirtschaftlichkeit von projekten geprueft
wuerde? was bringt es sich 2 teure VOIP system zu kaufen die im wesentlichen
das selbe tun? was bringt es sich exchange anzuschaffen obwohl die meisten
userInnen das gar nicht wollen und obwohl ein funktionierendes mailsystem
vorhanden war? was hat es gebracht auf den lotus-notes hype aufzuspringen?
was bringt ein ironport wirklich im vergleich zu den kosten und im vergleich
zu freien loesungen? etc..
die gegenueberstellung von kosten und nutzen waere mal ein anfang. aber
genau das findet nicht oder kaum statt.
„was bringt denn uns das?“ fragt der ZID leiter wenn wir mit der
umwegrentabilitaet fuer die steuerzahlerInnen argumentiert haben. in der
privatwirtschaft waere ein abteilungsleiter der so offen die interessen der
eigentuemerInnen missachtet sicher nicht lange auf seinem posten. aber hier
sind die eigentuemer ja nur „sehr viele weit entfernte leute“ und deren geld
ist offensichtlich wohlfeil.
wie gesagt: es geht darum sich in den spiegel sehen zu koennen und zu
wissen dass man bemueht ist ein nuetzliches mitglied dieser gesellschaft zu
sein und nicht mehr schaden anzurichen als nutzen.
viele von euch versuchen weiterhin unter den widrigen umstaenden das beste
aus der situtaion zu machen. und das finde ich tapfer und richtig. es hat
natuerlich viel mit der speziellen situation in der AZI abteilung zu tun: wo
die zerschlagung der bestehenden infrastruktur beschlossene sache ist und
auf absehbare zeit nur noch die abwicklung dieser ansteht.
vor die wahl gestellt, ob ich in dieser situtaion weiter gegen diesen
abbau wenig erfolg versprechenden widerstand leisten will, oder ob ich
woanders hin gehe, wo aussicht auf vernuenftigere bedinungen besteht und
meine qualifikationen zum aufbau vernuenftiger systeme benoetigt werden,
habe ich mich natuerlich fuer das letztere entschieden.
ich bin kein don quichotte der gerne gegen windmuehlen kaempft.
wir leben heute in einer welt in der es sich viele leute nicht aussuchen
koennen wo sie arbeiten muessen um ihren lebensunterhalt zu bestreiten.
menschen mit guter ausbildung, so wie die meisten hier im ZID, koennen es
sich aber durchaus noch in einem gewissen masse aussuchen. aus dieser
freiheit resultiert meines erachtens auch eine besondere verantwortung: wir
duerfen uns nicht darauf ausreden, dass wir ja keine wahl hatten …
wie wuerde das ZID idealerweise aussehen?
1.) ein vernuenftiger umgang mit den steuermitteln. dort wo diese ausgegeben
werden, werden kosten und nutzen abgewogen. natuerlich werden in solche
abwaegungen auch die umwegkosten und umwegnutzen fuer die oeffentlichkeit
miteingerchnet. diese bezahlt den spass ja immerhin.
2.) was sogar in der kapitalistischen privatwirtschaft inzwischen eine
selbstverstaendlichkeit ist haelt auch im ZID einzug: ein modernes
management, das die faehigkeiten, die motivation und die kreativitaet der
mitarbeiterInnen als wertvollste resource erkannt hat und diese nach besten
kraeften foerdert und freiraeume schafft in dem sich die kreativitaet
entfalten kann. gerade dort, wo fuehrungskraeften entsprechendes eigenes
know-how fehlt waere eine solche management-auffassung um so wichtiger.
neben den direkt verschwendeten mitteln ist es nocht trauriger mitansehen zu
meussen wie menschliche moeglichkeiten vergeudet werden. der anfaengliche
galgenhumor mit dessen hilfe die situation ertraeglich wurde der wird schell
zu resignation und bitterem zynismus. das will ich mir letztlich weder
mitansehen muessen noch will ich selber so enden.
und wie gesagt: die chancen dass sich hier in naechster zeit viel
verbessert sind eher gering und die moeglichkeiten entsprechenden einfluss
auszuueben um zu verbesserungen beizutragen ebenfalls.
naja. ich wuensche euch allen, dass sich die situation hier doch noch
irgendwie verbessert.